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Die Tür gehört dazu

Welche Voraussetzungen müssen Lösungen erfüllen, damit sie als Zutrittskontrollsystem bezeichnet werden können? PROTECTOR erörterte diese Frage im Gespräch mit Florian Du Bois, Produktmanager der Unternehmensgruppe Gretsch-Unitas.

Die GU-Gruppe mit BKS als einer ihrer Traditionsmarken steht seit mehr als 100 Jahren für Produkte der Gebäudesicherheit.
Die GU-Gruppe mit BKS als einer ihrer Traditionsmarken steht seit mehr als 100 Jahren für Produkte der Gebäudesicherheit.

PROTECTOR: Herr Du Bois, wenn Sie ein Laie ganz naiv fragen würde, was eigentlich ein Zutrittskontroll-system ist: Wie würden Sie antworten?

Florian Du Bois:

Sie meinen das Zusammenspiel der elektronischenKomponenten?

Haben Sie ein Beispiel?

Gibt es sichere Verschlusselemente für Zutrittskontrollen?
Auf jeden Fall: Motorschlösser oder elektrisch kuppelbare Schlösser, als Einsteckschlösser oder Mehrpunktverriegelungen, für einflügelige oder zweiflügelige Türen. Idealerweise mechanisch selbstverriegelnd und so immer sicher verschlossen.

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Florian Du Bois

Und zur Nachrüstung von bestehenden Türen?
Neben kabelgebundenen gibt es auch kabellose Lösungen per Funk. Ein mechanisches DIN-Einsteckschloss wird in solchen Fällen beispielsweise einfach durch ein elektrisch kuppelbares batteriebetriebenes Funk-Schloss ersetzt. Die Freigabe der Tür erfolgt dann per verschlüsseltem Funk über einen potentialfreien Kontakt an einem Wandmodul in der Nähe der Tür. Solche Lösungen sind auch für Brandschutztüren zugelassen. Die Verschlusselemente können in jede Zutrittskontrolle integriert werden – nicht nur von GU-BKS-Produkten. Hier ergeben sich neue Geschäftsmodelle. So integriert der bekannte RFID-Leser-Hersteller PHG in seine neuste Lesergeneration den BKS-Funk zur Ansteuerung aller Funk-Schlösser und Zylinder von BKS. Eine aufwendige Verkabelung der Tür kann in solchen Fällen entfallen, da der Leser neben der Tür Freigaben funken kann.

Mit Zutrittsmedium meinten Sie vorhin eine Zutrittskarte im Scheckkartenformat?
Das ist eine elektronische Möglichkeit, aber bei weitem nicht die einzige. Neben solchen passiven Medien gibt es auch aktive Medien (mit Batterie) oder biometrische Merkmale, die eine Person selbst mitbringt, etwa einen Fingerabdruck. Es gibt jedoch ein weiteres sehr weit verbreitetes Medium, mit dem lange vor den elektronischen Systemen Zutrittskontrolllösungen realisiert wurden und das bis heute eine wichtige Absicherung für das Eigenheim oder das Objekt gewährleistet: Der mechanische Schlüssel.

Ist eine Zutrittskontrolle oder -regelung nicht immer elektronisch?
Der vorhin genannte Portier oder eine einfache Klingel einer Gegensprechanlage sind aus meiner Sicht ebenfalls Zutrittskontrollen – erst recht aber die mechanischen Schließanlagen bestehend aus Zylinder und Schlüsseln mit unterschiedlichen Zutrittsrechten. Mit der Ansicht stehe ich nicht alleine da: In den IT-Grundschutzkatalogen des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) im Kapitel Maßnahmenkataloge Organisation M 2.17 Zutrittsregelung und -kontrolle sind die mechanischen Schließsysteme explizit als Lösung mit aufgeführt.

Mechanische oder elektronische Zutrittskontrolle, was passt besser?
Bei der Frage ist die Zielgruppe sehr entscheidend. Wir unterscheiden im Wesentlichen drei Bereiche in der Kommunikation zum Kunden. Zum einen sind die Verschlusselemente zu nennen, die ich vorhin beschrieb. Der zweite Bereich umfasst die Einzeltürlösungen. Hier wird jede Tür nur für sich selbst betrachtet – ohne Verbindung zu weiteren Türen. Klassischerweise finden sich solche Türen zum Beispiel in Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäusern. Neben den mechanischen Zylindern werden verstärkt elektronische Systeme wie beispeilsweise Fingerprintlösungen mit motorischen Mehrpunktverriegelungen nachgefragt. Sie erhöhen erheblich den Komfort, da man das Medium immer bei sich trägt, und sind für die Zielgruppe so entwickelt, dass auch Laien Berechtigungen erteilen und entziehen können – und zwar ohne Software oder Programmiergerät.

Sind Fingerprintlösungen für die Haustür denn sicher genug?
Bei der Frage der Sicherheit sollte immer das Gesamtsystem betrachtet werden. Wie stark ist die Eingangstür zu sichern, wenn meistens über die weniger gesicherten Fenster oder Nebeneingangstüren eingebrochen wird? Wie sicher ist ein Fingerprintsystem gegenüber einem einfachen 5 stiftigen mechanischem Zylinder, der in vielen Eingangstüren verbaut und im Baumarkt für 15 Euro zu erwerben ist? Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Der VdS hat übrigens eine unserer Fingerprintlösungen „GU-Secury Automatic access controlled“ bestehend aus einem Idencom-Fingerprintleser, motorischer Mehrpunktverriegelung und intelligentem Kabelübergang als Schließsystem Klasse B zertifiziert – als einzige VdSzertifizierte Lösung am Markt, die für den PROTECTOR-Award nominiert ist.

Was halten Sie von Lösungen mit dem Smartphone für die Haustür?
Mit neuen Technologien wie NFC oder BLE (Bluetooth Low Energie) sind gerade für den Heimbereich viele Lösungen denkbar. Meiner Ansicht nach geht es dabei insbesondere darum, einfache Bedienung ohne zu große Kompromisse bezüglich des Sicherheitsempfindens eingehen zu müssen. Wenn eine App zum Öffnen einer Haustür zunächst mit Passworteingabe gestartet werden muss, um dann einen Button „Öffnen“ zu drücken, ist das umständlicher als die Öffnung mit mechanischem Schlüssel. Wenn eine Tür nur durch Annäherung mittels Bluetooth geöffnet werden kann, dann klingt das zunächst vielversprechend. Allerdings öffnet sie sich auch, wenn man sich bereits im Haus befindet und sich in Reichweite der Tür befindet. Ganz abgesehen von der Frage, wie sicher meine Zutrittsdaten im Smartphone oder in einer Cloud gespeichert werden können. In jedem Fall sind in diesem Bereich neue technische Lösungen und Geschäftsmodelle zu erwarten.

Elektronisches Zutrittskontrollsystem, verkabelt oder batteriebetreiben?
Der dritte Bereich der Zutrittskontrollsysteme von GU BKS „Mehrtürsysteme“ schließt genau diese beiden Systeme ein. Lange wurde unter einem elektronischen Zutrittskontrollsystem eine verkabelte Lösung verstanden. Dabei waren ein Verschlusselement und ein Wandleser neben der Tür mit einer zentralen Stelle per Bus oder Netzwerkkabel dauerhaft verbunden. Daneben entwickelte sich in den letzten Jahren ein rasant zunehmender Markt an Systemen, die aus batteriebetriebenen elektronischen Zylindern bestehen. Ausgehend von den mechanischen Zylindern zeichnen sich die Elektronik-Zylinder durch ihre besonders einfache schnelle Montage ohne Verkabelungsaufwand aus. So werden die Elektronikzylinder immer häufiger auch in verkabelte Zutrittssysteme integriert. Im Elektronikzylinder selbst prallen jetzt zwei Welten auf einander: Die der Sicherheitsfachgeschäfte und die der Elektroerrichter. Das stellt insbesondere bei der Programmiersoftware hohe Anforderungen an die Benutzeroberfläche.

Welche Rolle spielen die mechanischen Zylinder im Zeitalter der elektronischen Zylinder noch?
Eine sehr wesentliche. Besonders wirtschaftliche Schließsysteme bestehen immer aus einem Teil an mechanischen und einem Teil elektronischen Zylindern und Medien (Schlüsseln /Transpondern). Diese sollten selbstverständlich gemeinsam innerhalb einer Software programmiert und verwaltet werden können. Nur so sind mechanische und elektronische Berechtigungen für eine Anlage zu organisieren. Innerhalb der Bestellsysteme darf es genauso wenig eine Trennung der Systeme geben.

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