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Kein Platz für Rambos

Der Personenschutz in Deutschland steckt in einem Dilemma: Einerseits steigt unaufhörlich der Bedarf nach professionellem Schutz vor Übergriffen, Entführung oder Anschlägen. Und andererseits gibt es keine genormte oder gar geprüfte Qualifikation für Personenschützer.

Überfallszenario auf ein gepanzertes Schutzfahrzeug.
Überfallszenario auf ein gepanzertes Schutzfahrzeug.

Schutzbedürftige Personen finden heute einen Markt vor, der einem Dschungel gleicht. Jeder kann heute behaupten, er biete Personenschutz an - ohne in irgendeiner Form nachweisen zu müssen, dass er dazu auch die richtige Ausbildung besitzt. Ganz zu schweigen von der notwendigen Erfahrung und Ausrüstung.

In dieser Branche tummeln sich viele Scharlatane - oder, um es drastisch auszudrücken: verkappte Rambos und ehemalige Hilfspolizisten, die schnelles Geld wittern. Dies ist nur möglich, weil verbindliche Ausbildungsmaßstäbe und eine wirksame Qualitätskontrolle fehlen. Tragisch, denn ernsthafter Personenschutz braucht keine "Haudrauf-Mentalität", sondern besonnenes Handeln in Extremsituationen.

Liegestütze und Kriegsspiele

Qualifizierte Ausbildung im Personenschutz muss vielschichtig angelegt sein. Sie stellt sich keinesfalls so dar, wie es oft in Internetvideos zu sehen ist. Eine solche Inszenierung - gezeigt werden ein paar Liegestützen, und dann geht es zu wilden Kriegsspielchen über - schadet auch den seriösen Anbietern und Ausbildern im Personenschutz, denn sie müssen erst mit dem absurden Image aufräumen, bevor sie an ihre eigentliche Arbeit gehen können.

Diese umfasst heute ein großes Aufgabenfeld. Die klassische Bewachung der Personen samt Abwehr von direkten Bedrohungen - notfalls unter Einsatz des eigenen Lebens - ist ein Aspekt. Doch die Arbeit beginnt schon viel früher, nämlich mit einer umfangreichen Analyse der individuellen Gefährdungslage des Klienten sowie seiner Angehörigen und der Besitztümer. Zudem kann auch die Abwehr möglicher Imageschäden Bestandteil sein. Hinzu kommen weitere Dienstleistungen, wie etwa die Bereitstellung eigener gepanzerter Fahrzeuge inklusive geschulter Fahrer.

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Aktuell und praxisnah

Diesem facettenreichen Tätigkeitsfeld muss auch die Ausbildung Rechnung tragen. Die Ausbilder sollten über aktuelle Erfahrung im zivilen Personenschutz verfügen, denn der behördliche Personenschutz ist in vielen Fällen nicht mit den Bedürfnissen im zivilen Sektor vergleichbar. Auch müssen die Ausbildungsmittel und Möglichkeiten den Anforderungen des Berufes entsprechen.

Schießübungen im Schützenverein haben nichts mit Personenschutzausbildung zu tun. Auch das Fahrtraining muss praxisnah auf aktuellen Sonderschutzfahrzeugen durchgeführt werden. Psychologisches Training und theoretische Grundlagen runden die Ausbildung ab.

Basis für die Ausbildung ist, dass die künftigen Personenschützer über eine gewisse körperliche und geistige Fitness verfügen. Ernsthafte Bewerber müssen in den Kategorien Bildung, Teamfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Auftreten, körperliche Fitness und mentale Stärke überzeugen. Hinzu kommt die Bereitschaft, sich auf ein anspruchsvolles Training einzulassen.

Für die Zukunft ist es unabdingbar, auch die Wahrnehmung der Kunden zu schärfen, was professionellen Personenschutz auszeichnet und warum man die eigene Sicherheit nur in qualifizierte Hände legen sollte. Ist man sich dessen einmal bewusst, wird klar, dass weder der Türsteher vor der Disco noch selbst ernannte Soldaten einen individuellen und umfassenden Schutz bieten können.

Udo Kummer, B.U.K.

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