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Megapixel – und nun?

Teil 3

Michaela Höllering stimmt zu und ergänzt: „Das liegt auch am anhaltenden Preisverfall in der IT-Branche. Das vermeidet Engpässe in den Netzen, weil auch die höherwertige Gigabit-Infrastruktur nicht mehr unbezahlbar ist. Man kann das Netzwerk zudem auch für andere Systeme nutzen, etwa für Voice over IP. Was man auch bedenken muss, dass durch H.264 die Bandbreite nicht mehr so enorm hoch ist. Wenn der Kunde ein einigermaßen aktuelles Netzwerk hat, funktioniert das normalerweise problemlos.“

Getrennte Wege

Der Idealfall herrscht aber auch hier nicht immer vor, wie Konstantin Ingenheim weiß: „Man muss in Sachen Netzwerk schon differenzieren und genau hinsehen, welche Gegebenheiten man vorfindet. Die Frage ist immer: Wie sieht die Netzwerkarchitektur vor Ort aus, und ist die Performance für die Videotechnik ausreichend? Aber bei bestehenden Netzwerken, die man für Video mit benutzen möchte, sollte man vorher immer eine Netzwerkanalyse machen. Man erlebt es in der Praxis oft, dass ein Kunde versichert, sein Netzwerk sei ausreichend performant für die Übertragung von Videodaten, aber sobald man ein paar Kameras aufschaltet, merkt man, wie das Netzwerk langsam Schwächen zeigt.“

Für Michaela Höllering bietet sich hier der Ausweg über ein separates Videonetz an: „Natürlich ist es ab einer gewissen Anzahl von Kameras sinnvoll, die Videoüberwachung vom Firmennetzwerk zu trennen. Dann gibt es keine Kollision mit anderen parallel laufenden Systemen. Genauso sollte man selbstverständlich nicht die Videoüberwachung auf dem Buchhaltungscomputer der Sekretärin laufen lassen.“ Das findet auch Waldemar Gollan keine gute Idee: „Genau bei der Performance der als Clients einer Videomanagementlösung arbeitenden PCs existiert oft ein Engpass. Dort wird die Visualisierung der anzuzeigenden Videoströme durchgeführt, und der H.264-Codec benötigt immer noch, je nach Implementierung, einen erheblichen Teil der Prozessorleistung. Wer hier bei der Ausstattung spart, darf sich nicht wundern, dass die Bilder ruckeln, man keine weiteren Bildströme hinzugeschaltet werden können oder höhere Latenzen auftreten.“

„Weil wir mit modifizierten Spiegel-reflexsensoren aus der Fototechnik arbeiten, können wir auch die entsprechend hochwertigen Optiken aus diesem Bereich nutzen. Denn es ergibt am Ende natürlich relativ wenig Sinn, einen 29 Megapixel hochauflösenden Sensor zu nehmen, und dann ein schlechtes Objektiv davor zu setzen, dass so hoch gar nicht auflösen kann.“
Stefan Bange, Regional Sales Director DACH, Avigilon

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„Egal, ob nun VGA oder Megapixel: Es gibt in der Praxis keine verlustfreie Kompression der Bilder, es geht also immer etwas an Auflösung verloren. Man muss dabei aber bedenken, dass man durch die höheren Auflösungen effizienter komprimieren will, um Bandbreite zu schonen. Hier sollte man aufpassen, dass dies nicht zu stark auf Kosten der Qualität geschieht.“
Björn Weber, Product Manager, Basler AG

Auflösungsfresser Codec?

Die Kompressionsmethoden für HD-Formate sind, wie bereits angesprochen, ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Fedja Vehabovic weiß um den Interpretationsspielraum schon allein bei H.264: „Wir alle wissen, dass H.264 nicht gleich H.264 ist. Hier muss man genau nachsehen, welches Format oder welche Variante benutzt man – Baseline, High Profile, Main Profile? Die Unterschiede sind teilweise enorm, das kann man optisch sehen und das kann man anhand der Bandbreite messen.“

Eine weitere wesentliche Frage in diesem Zusammenhang ist, wie viel einer Megapixelauflösung durch starke Kompression verloren geht. Stefan Bange erklärt: „Es kann durchaus sein, dass man mit H.264 von den theoretisch zehn Megapixeln des Sensors am anderen Ende ein nur noch fünf Megapixeln entsprechendes Ergebnis heraus bekommt. Weil wir von den sehr hohen Auflösungen einiges verschenken würden, komprimieren wir ab fünf Megapixeln in JPEG2000. Dieses Format arbeitet deutlich verlustfreier und liefert Vollbilder in höherer Qualität.“ Auch Waldemar Gollan plädiert für einen bewussten Umgang mit dem Videoformat: „Wir bieten in unseren Produkten zwei Codecs an, und der Kunde entscheidet letztlich, welchen Codec er für welchen Zweck nutzen möchte. So kann man gleichzeitig Videoströme in H.264 für das Monitoring mit relativ geringer Bandbreite und M-JPEG für die hochwertige Aufnahme und einfache Recherche nutzen.“

Alles aufzeichnen?

Mit dem Stichwort Speicherung ist auch schon der letzte Aspekt angesprochen, der mit zunehmender Auflösung kritisch werden kann. Fedja Vehabovic merkt an: „Die gewünschte und realisierbare Speicherzeit ist natürlich ein Thema. Es hängt logischerweise mit der Anzahl und der Auflösung der Kameras zusammen. Aber genauso wichtig ist die Zuverlässigkeit des Speichers: Nichts ist schlimmer, als wenn der Kunde einen Vorfall hatte und keine gespeicherten Bilder dazu.“

Wilfried Joswig ergänzt: „Es wird bei den Speichersystemen oft unterschätzt, dass man auch 24/7-Festplatten haben muss, am besten in einem RAID-5 oder RAID-6-System. Außerdem sollte man redundante Netzteile und Notstromversorgung einsetzen.“

Für Wilhelm Fischer liegt ein Engpass auch bei den Festplatten selbst: „Die Festplatten sind oft zu langsam, um die ganzen HD-Ströme wegzuspeichern. Denn mit dem Umstieg auf Megapixel verschärft sich das Problem der Speicherung. Auch ein NAS-System kann man nicht unendlich belasten – gerade in den Stoßzeiten in Unternehmen macht sich das bemerkbar. Hier muss man wie bei allen anderen Faktoren auch vorher genau planen und mit dem Kunden über die möglichen Schwachstellen sprechen.“

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